16.11
bis
20.11.

Disnovation.org: Life Support System

Andere

gREen: De/Growth

mit Nicolas Maigret, Maria Roszkowska und Baruch Gottlieb

In ihrer öko-systemischen Installation Life Support System baut das französische Kollektiv Disnovation.org experimentell einen Quadratmeter Weizen an, berechnet dabei aber sorgfältig alle Material- und Energieströme, die in unseren ökomischen Konventionen trotz menschengemachtem Klimawandel immer noch als ‚natürlich’ einfach vorausgesetzt werden. Diese künstlerische Provokation schätzt die Größenordnungen der kritischen Ökosystemleistungen ab, die für alle Lebensprozesse auf dem Planeten von grundlegender Bedeutung sind - entgegen der heute vorherrschenden Wirtschaftskonventionen, die nicht in der Lage sind, den intrinsischen Wert der Ökosysteme anzuerkennen. Während es üblich ist, unsere Beziehungen zur Gesellschaft, zur Welt und zur Biosphäre mit Metaphern aus der Ökonomie zu beschreiben, argumentieren die Künstler, dass wir ohne angemessene diskursive Instrumente dastehen, um die Bedeutung der Beiträge der Ökosysteme zum Leben auf der Erde gesellschaftlich oder politisch zu thematisieren.

Das Experiment besteht aus einem Quadratmeter Weizen, der in einer geschlossenen Umgebung angebaut wird. Kritische Inputs wie Wasser, Licht, Wärme und Nährstoffe werden gemessen, überwacht und für das Publikum dargestellt. Dieses Verfahren macht das immense Ausmaß der Ökosystemleistungen greifbar und bietet eine spekulative Referenz zur Abrechnung der unterbewerteten und überstrapazierten ‚Arbeit der Biosphäre’. Dieses Lebenserhaltungssystem mit einer Fläche von einem Quadratmeter ist in der Lage, einen erwachsenen Menschen alle vier Monate für einen Tag mit der notwendigen Kalorienmenge zu versorgen. Um einen einzigen erwachsenen Menschen das ganze Jahr über zu ernähren, müssten allerdings etwa 100 solcher Einheiten gleichzeitig in Betrieb sein.

Dieser Versuchsbetrieb verdeutlicht die unkalkulierbaren Anforderungen an die Ökosystemleistungen der konventionellen Landwirtschaft, die wir kostenlos in Anspruch nehmen. Auf der anderen Seite müssen in geschlossenen Umgebungen diese Leistungen künstlich reproduziert werden, was mit hohen sozialen, energetischen und ökosystemischen Kosten verbunden ist, die meist nicht berücksichtigt werden. Die empirischen Schätzungen der ‚wahren Kosten’, die bei diesem Experiment in geschlossenen Räumen ermittelt wurden, belaufen sich auf etwa 300 € pro Kilogramm Weizen, was im Vergleich zu den derzeitigen Marktpreisen von 30 Cent pro Kilogramm ein enormer Betrag ist.





Disnovation.org ist ein 2012 in Paris gegründetes Forschungskollektiv, zu dessen Kernmitgliedern Maria Roszkowska, Nicolas Maigret, Baruch Gottlieb und Jerome Saint-Clair gehören. Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen zeit-
genössischer Kunst, Forschung und Hacking und stellen für jede Untersuchung maßgeschneiderte Teams mit Akademikern, Aktivisten, Ingenieuren und Designern zusammen. Ihre jüngsten künstlerischen Provokationen zielen insbesondere darauf ab, Postwachstums-
Vorstellungen und -Praktiken zu stärken und gleichzeitig die vorherrschenden Ideologien von Technolösungen in Frage zu stellen. Ihre Forschung umfasst Kunstwerke, Publikationen und Kurationen. Kürzlich waren sie Mitherausgeber von A Bestiary of the Anthropocene, einem Atlas anthropischer Hybridkreaturen, und von The Pirate Book, einer Anthologie über raubkopierte kulturelle Inhalte.



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